Die Erkenntnisse im Detail
Die klassischen Erlösströme aus Vertrieb und Werbung im Printbereich sind wie eingangs angeführt immer noch und mit Abstand die wichtigsten Einnahmequellen der untersuchten österreichischen Medienmarken. Das ist nicht nur eine der Kernaussagen der befragten Medienmanager, sondern lässt sich auch mit Zahlen eindeutig belegen.
Werbung ist der wichtigste Umsatzträger
Printwerbung ist nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle. Laut Focus Media Research haben Tageszeitungen im Jahr 2012 bei Bruttowerbeausgaben erstmals die Milliarden-Marke überschritten. Eine Umsatzerhebung unter den Mitgliedsmedien des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) im Juni diesen Jahres hat jedoch ergeben, dass die Werbeerlöse der heimischen Tageszeitungen 2012 im Vergleich zum Jahr davor um fünf Prozent zurückgegangen sind und auch in Zukunft weiter sinken werden. Auch der „Standard“ kommt in seinem jährlichem Überblick zum Ergebnis, dass „Printriesen verlieren“.
Umsätze aus der Onlinewerbung haben zwar starke Wachstumsraten, liegen in absoluten Zahlen aber weiter deutlich unter den Einnahmen durch Printwerbung. Die Online-Netto-Werbeausgaben lagen nach dem IAB ADEx Benchmark Report 2012 in Österreich bei € 324 Millionen, wobei € 124 Millionen auf Display entfallen, € 75 Millionen auf Rubriken & Kleinanzeigen und € 127 Millionen auf Search. Der Gesamtmarkt ist damit im Vergleich zum Vorjahr um 8,5 Prozent gewachsen. Mit einem Plus von 124,8 Prozent weist das Segment Video-Werbung ein starkes Wachstum auf, die Nettoausgaben lagen im Jahr 2012 bei € 8,5 Millionen. Für mobile Werbung weist der Report Ausgaben von € 4,2 Millionen aus, das entspricht einem Wachstum von 132 Prozent im Vergleich zu 2011.
Vergleicht man die Bruttowerte des Focus Media Research für 2012, steht der eingangs erwähnten Milliarde bei den Tageszeitungen ein Gesamtbruttoumsatz von € 160 Millionen im Onlinebereich gegenüber. Auch wenn hier die weniger aussagekräftigen Bruttowerte verglichen werden, deckt sich dieses Verhältnis der Anzeigenerlöse von Print zu Online mit den Aussagen der befragten Medienmanager. Eine Ausnahmen stellt die Mediengruppe Standard dar: € 8,1 Mio. oder bereits 32 Prozent der Gesamtanzeigenerlöse von € 41,6 Mio. werden über Onlinewerbung erzielt.
Vermarktung wird gebündelt und verstärkt
Ein Trend, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist bei der Bündelung und beim zum Teil massiven Ausbau der Vermarktungsressourcen zu erkennen. Das Prinzip „One face to the Customer“ findet bei immer mehr Medien Anwendung. Zentrale Einheiten verkaufen crossmediale Kampagnen mit Print, Online, Mobile bzw. Apps. Als aktuellstes Beispiel ist hier die neue Dachmarke „VGN“ der Verlagsgruppe News zu nennen, ein anderes Beispiel ist die Zusammenlegung der Verkaufsteams (wie auch der Redaktion) bei Der Standard. In der Styria Digital One sind seit Juli 2013 sämtliche digitalen Plattformen der Styria gebündelt. Österreich begründet einen Teil des Vermarktungserfolges mit einer signifikanten Vergrößerung des Sales-Teams, seit 1. Oktober gibt es daher 16 neue Sales Mitarbeiter. Bei der Krone verkauft ein crossmediales Sales-Team mit 120 Mitarbeitern Print, Online und Digital gemeinsam.
Im Bereich Rubrik- und Wortanzeigenmarkt findet eine starke Entwicklung hin zu digitalen Plattformen statt. Die traditionell wichtigen Erlöse über Print gehen weiter zurück. So sind beispielsweise bei der Printausgabe der Kleinen Zeitung die jährlichen Umsätze bei den Jobinseraten seit 2008 von 13 auf 7 Millionen zurückgegangen. Der IAB ADEx Benchmark Report weist in Österreich beim Segment Rubriken & Kleinanzeigen Nettoausgaben im Jahr 2012 von € 75 Millionen aus. Damit ist dieses Onlinegeschäftsfeld nach der Werbung ein wichtiger Umsatzträger und wird von zwölf der befragten Medien als derzeit schon relevante Umsatzgröße genannt. derStandard erwirtschaftet beispielsweise online einen Jahresumsatz von € 4,8 Millionen im B2B-Segment.
Vertriebserlöse ausschließlich über Printinhalte
Die Gesamtreichweiten sowohl der gedruckten Ausgaben der Tageszeitungen als auch der Magazine sind nach der aktuellen Media Analyse 12/13 zwar gesamt stabil geblieben, bei der jüngeren Zielgruppe der 20 – 29 Jährigen ist allerdings die Reichweite mit 64,8 Prozent deutlich geringer als beispielsweise bei der Altersgruppe 40 ‑49 Jahre (73,4 Prozent) oder 60 – 69 Jahre (82,9 Prozent) – ein Trend, der sich auch international in Kohortenanalysen zeigt.
Die Nutzung der Online-Angebote steigt nach Daten der ÖWA weiter. Gegenüber dem dritten Quartal des Vorjahres ist im Schnitt über alle Angebote bei den Visits ein Plus von 5,9 Prozent festzustellen, die Unique Clients wachsen um 14,9 Prozent an. Speziell die Nutzung der mobilen Angebote wird immer wichtiger, 18,3 Prozent der Internet-Nutzung erfolgte im September 2013 laut ÖWA über mobile Endgeräte. Krone.at beispielsweise erwartet bis Ende des Jahres einen Anteil von 30 Prozent.
Dass aber nach Überzeugung der befragten Medienmanager „Print nicht tot ist“ oder Zeitungen bei „jungen Menschen eine Renaissance erleben können“ und daher auch weiterhin in dieses Segment investiert wird, zeigen einige neue Produkte am Printmarkt, die über attraktive Themenumfelder Leser wie Werbekunden ansprechen wollen: Aktuelle Beispiele sind die Magazin-Offensive „NEWS Plus“ der Verlagsgruppe News, ein neues Sonntagsmagazin der Kleinen Zeitung oder „Dahoam“, das neue Natur-Magazin der Salzburger Nachrichten.
Vertriebserlöse über die Onlineportale, über digitale oder mobile Angebote spielen trotz steigernder Nutzer- und Nutzungszahlen noch keine relevante Rolle. Bezahlt wird fast ausschließlich für Printinhalte, die über Digital- oder Kombi-Abos angeboten werden. Kostenpflichtige Digital-Abos gibt es bei 13 Medien, aufpreispflichtige Kombi-Abos bei sechs. Einige Anbieter setzen speziell beim Zugang über Tablets auf zusätzliche Inhalte und Services. Die SN HD Applikation ist laut Eigendefinition „Österreichs erste digitale Tageszeitung, die mehrmals täglich auf den neuesten Stand gebracht wird“. Auch Österreich oder die Kleine Zeitung werben mit Updates, die Oberösterreichischen Nachrichten mit Premium-Artikeln.
Reichweitenmodell als Kernstrategie
Bezahlschranken für die Webplattformen setzen nur drei der 19 untersuchten Medien ein, wobei nur tt.com und wirtschaftsblatt.at Premium Content & Services anbieten. Auf vorarlbergernachrichten.at sind Zeitungsinhalte hinter der Bezahlschranke. Mit krone.at, kurier.at und diePresse.com wird derzeit lediglich von drei weiteren Medien eine Paywall im Web angedacht. Als Argument gegen Bezahlschranken führen viele Medien ein mögliches Sinken der Reichweite und damit der Werbeerlöse an. Der Standard verfolgt mit einem für Anfang 2014 geplanten kostenpflichtigen Zugang zu einer werbefreien Onlineversion einen anderen Ansatz.
Die mobile Nutzung wird immer wichtiger, daher bauen zahlreiche Medien ihr Angebot in diesem Bereich massiv aus. Neben dem Potential für die Werbevermarktung orten Anbieter wie die Vorarlberger Nachrichten eine höhere Zahlungsbereitschaft der Endkunden im mobilen Segment oder denken wie die Kronen Zeitung an mCommerce-Angebote. Mobile Apps, für die der Endkunden direkt bezahlen muss, bieten derzeit hingegen nur drei Medien an.
Interessant ist, dass die Kernkompetenz von Medien – das Erstellen und der Verkauf hochwertiger Inhalte – abseits der oben beschriebenen Modelle im Digitalbereich noch nicht weiter kommerziell verwertet wird. Lediglich bei sechs Marken werden über Premium Content & Services direkt Erlöse generiert. Beim Wirtschaftsblatt sind Mehrwertinhalte Bestandteil der Paywall, bei den OÖN sind Premium Artikel Teil des Digital-Abos. Der Falter (Falter Bücher) und Österreich (Edition Österreich) produzieren und verkaufen Bücher bzw. eBooks. Die Kleine Zeitung und DATUM verwerten redaktionelle Serien oder Reportagen in Büchern bzw. eBooks wieder. Beispiele wären eBooks/Bücher oder Inhalts- oder Service-Apps mit vorhandenen bzw. neu zusammengestellten Inhalten. Als internationales Beispiel ist hier die Zeit zu nennen, siehe dazu die Keynote Rainer Essers oder den Beitrag Ken Doctors bei den Expertenbeiträgen.
Mittelfristig wird die Entwicklung der beiden Erlössäulen Vertrieb und Werbung nach Erwartung der Mehrzahl der Befragten jedoch stagnieren bzw. weiter rückläufig sein und damit für die Finanzierung der derzeitigen Strukturen nicht mehr ausreichen. Erlöse aus den digitalen Geschäftsfeldern können diese Entwicklung derzeit nicht kompensieren, daher sind Medienhäuser auf der Suche nach neuen Erlösquellen im B2C-Segment. Das Vertrauensverhältnis, das Medien mit ihrer Leserschaft verbindet und das Wissen um ihre Zielgruppe sollen dabei nach Meinung der befragten Manager auch für Einnahmequellen genutzt werden, die nicht unbedingt zum Kerngeschäft eines Mediums gehören. Dabei soll der „Kundennutzen“ im Mittelpunkt stehen, Begriffe wie „Userneed“ oder „erkennbarer Mehrwert“ wurden in diesem Zusammenhang sehr oft genannt.
eCommerce-Angebote und kostenpflichtige Services, die eben jenen Zusatznutzen bieten, sollen Leser zu Kunden machen. HEUTE setzt stark auf eCommerce nach dem Vorbild von Amazon oder eBay, 2012 und 2013 werden € 10 Millionen investiert. Einige Medienhäuser setzen auf umfangreiche Reiseplattformen (Krone, News, Österreich), andere experimentieren mit für die jeweilige Zielgruppe maßgeschneiderten Reise-Angeboten. Onlineshops sind auf 14 Webseiten zu finden, die Produktpalette reicht von wenigen, ausgesuchten Angeboten für Abonnenten bis zu umfangreichen Sortiments wie bei pinshop24.at von Russ Media. Einige Medien experimentieren mit Produkten wie Versicherungen, mit Daily-Deals oder Online-Auktionen – Umsätze in relevanter Größenordnung werden jedoch noch nicht erzielt.
Im Bereich Dienstleistungen speziell eine Erlösquelle zu erwähnen. 16 Medienmarken erzielen über Corporate Publishing Umsätze, vor allem mit der Konzeption und Produktion von Kundenmagazinen. Teilweise ist diese Dienstleitung aber auch ausschließlich auf Werbekunden eingeschränkt.
In der letzten Kategorie Events ist eine Entwicklung auffällig: In Akademien bieten mit der Presse, den VN, der Kleinen Zeitung und jetzt auch ganz aktuell das Format Aus-und Weiterbildungsprogramme für Business- und Endkunden. Publikums- und Fachveranstaltungen werden zwar umgesetzt, dienen aber eher der Kundenbindung denn als Umsatzträger.