Fazit & Einordnung
Medienmarken verlieren ihre traditionelle Monopolstellung als Vermittler von Inhalten und Werbebotschaften und müssen sich in dem Beziehungsdreieck Leser – Werbeindustrie – Medien neu orientieren und aufstellen. In Österreich ist dieser Prozess in einem frühen Stadium, da die Auswirkungen des Wandels am heimischen Markt noch nicht so stark wie in anderen Märkten spürbar sind. Wie dieser erste MedienFokus zeigt, verbreitern österreichische Medienunternehmen zwar ihre Geschäftsfelder und erschließen neue Erlösquellen, gleichzeitig bleibt manche Möglichkeit (noch) ungenutzt. Aufbauend auf die Ergebnisse der Erhebung lassen sich einige zentrale Empfehlungen ableiten:
Leser/Nutzer sind das Kapital für die Zukunft, User Engagement ist Markenstärkung
Medien haben gegenüber Social Media Plattformen oder anderen Informationsquellen im Netz noch immer einen enormen Vorteil: Das Vertrauensverhältnis zwischen Medienmarke und Lesern — und damit den direkten Zugang zu wertvollen Zielgruppen. Dieses Kapital gilt es zu pflegen und noch stärker als bisher zu nutzen, also zu monetarisieren, und zwar auf möglichst vielen verschiedenen Wegen:
- Als zahlende Leser für den Verkauf von Inhalten & Services
- Als Kunden für die eCommerce-Angebote
- Als Zielgruppe für Werbung
- Als Produzenten von Daten & Inhalten
Medien müssen die Vorteile dieses Vertrauensverhältnisses noch stärker als bisher nutzen, ihre Leser stärker an ihre Marke binden und ihr Profil schärfen, um sich von Mitbewerbern oder anderen Informationsquellen, die immer nur einen Klick entfernt sind, zu unterscheiden. Dies kann über hochwertige Inhalte, nützliche Serviceangebote — sollte aber auch über User Engagement, also aktive Einbindung der User, erreicht werden.
Daten sind Geld
Über User Engagement werden User motiviert, wie auf Social Media- oder eCommerce-Plattformen Daten über sich preiszugeben, die für die weitere Vermarktung wertvoll sind. Noch stärkere Bemühungen um enge Bindung der Leser, besonders im Digitalen, wären daher lohnenswert. Das daraus folgende Wissen über die Zielgruppe und ein attraktives Themenumfeld bilden nicht nur die Grundlage für eine erfolgreiche Displayvermarktung, sondern schaffen die Basis für neue Werbeformen wie Native Advertising oder Sponsoring. Aber nicht nur Daten über die Zielgruppe, sondern auch von den Usern erstellte Daten und Inhalte sind wertvoll und können, z. B. im B2B-Segement, vermarktet werden.
Von Brands lernen
Consumer Brands nutzen das Wissen über und die Kommunikationsmöglichkeiten mit der Zielgruppe bei der Entwicklung und beim Verkauf ihre Produkte. Medienunternehmen sollten vor allem im Netz ihre Leser stärker als Kunden wahrnehmen und die Kundenbedürfnisse noch stärker in den Fokus stellen, bei der Produktentwicklung die Frage „Welchen konkreten Nutzen haben meine Kunden von diesem Produkt/Service?“ tatsächlich in den Mittelpunkt stellen. Konsumenten bezahlen nur für Produkte mit einem eindeutigen Nutzen.
Verbindung von Inhalten, Services & Interaktion
Derzeit werden über Online- und Digitalplattformen noch immer fast ausschließlich Printinhalte als gebündelte Ausgaben verkauft. Auf der Suche nach erfolgreichen Inhaltsprodukten sollte dieser traditionelle Ansatz verlassen und einerseits der Trend zum „entbündelten“ Konsum berücksichtigt werden und anderseits aus vorhandenen Inhalten neue zusammengestellt und für den Konsum über digitale Plattformen zielgruppen- und mediengerecht aufbereitet bzw. mit Interaktions- und Serviceelement angereichert werden.
Online funktioniert anders: Medien neu definieren
Durch die im Vergleich zu anderen Märkten noch immer stabile Lage der Printmedien ist der Innovationsdruck am heimischen Markt noch nicht so stark und die Entwicklung neuer digitaler Erlösquellen oftmals noch im Anfangsstadium. Die Ansätze auch für den digitalen Markt orientieren sich daher immer noch stark am traditionellen Geschäftsmodell. Zur Entwicklung echter Medieninnovation müssen aber Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Medienunternehmen sollten bereit sein, die Rolle von Medien grundsätzlich zu hinterfragen — und neu zu definieren.
Querfinanzierung & Akquisition als Geschäftsmodelle
Wie der erste MedienFokus zeigt, besteht allgemeine Bereitschaft, neue und vom eigentlichen Mediengeschäft immer weiter weggehende Erlösquellen vor allem im eCommerce-Bereich zu erschließen und das Kernprodukt damit zu stützen. Die Strategien reichen vom Aufbau von Angeboten unter der eigenen Medienmarke bis hin zur Beteiligung an bestehenden Plattformen. Stärker noch sollte in Überlegungen und Produktentwicklungen investiert werden, die ermöglichen, dass dem eigentlichen Kernprodukt – dem Journalismus — mittelfristig eine neue und zeitgemäße Bedeutung zugemessen wird.
Nicht die große, aber viele Lösungen
Die eine, große Lösung für Alle ist nicht in Sicht — vermutlich wird es sie nicht geben. Jede Medienmarke muss die für sie erfolgsversprechende Kombination aus Erlösquellen finden. Der Leser und seine Bedürfnisse müssen dabei im Mittelpunkt stehen und bei der Entwicklung neuer, innovativer redaktioneller und kommerzieller Produkte stärker als bisher berücksichtigt werden.